Netzanschlussbedingungen
Anforderungen an BHKW-Anlagen nach der Mittelspannungsrichtlinie
Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen (BHKWs) werden ähnlich wie PV/Photovoltaik- und Windkraftanlagen zur Stromerzeugung eingesetzt. Um diese Leistung ins Stromnetz speisen zu dürfen, werden zum 1. Januar 2013 neue rechtliche Vorschriften gültig.
Seit Jahrzehnten war für BHKW-Anlagen aus der Mittelspannungsrichtlinie die Vorgabe, sich im Fehlerfall sofort vom Netz zu trennen. Für eine schnelle Trennung wurden spezielle Schutzgeräte entwickelt und eingesetzt, wie das Vektor-Sprungrelais. BHKW-Anlagen galten in der Netztechnik als „negative Verbraucher“, und reduzierten somit die Verbraucherlast.
Durch die fortschreitende Dezentralisierung von Stromerzeugungsanlagen wie PV-Wind- und BHKW-Anlagen bekommen diese eine immer größere Bedeutung bei der Stromerzeugung. Dies spiegelt sich wider in den Anforderungen der Richtlinie “Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz“ (BDEW-Technische Richtlinie, Ausgabe Juni 2008 mit der geplanten 4. Ergänzung ab 01.01.2013).
Gemäß der Mittelspannungsrichtlinie müssen sich neben Wind,- Wasserkraft,-und Photovoltaik-Anlagen auch BHKW-Anlagen an der statischen und dynamischen Netzstützung beteiligen.
Die statische Netzstützung ist seit dem 01.01.2010 gültig, die vollständige dynamische Netzstützung muss ab 01.01.2013 gewährleistet werden. Die Zertifizierungspflicht wird voraussichtlich ab dem 01.01.2014 kommen und hat bei Zertifizierungsengpässen eine Übergangszeit bis 31.12.2014.
Neue Anforderungen an Gasmotoren und Stromaggregate
Mit den technischen Bedingungen aus der statischen und dynamischen Netzstützung verschieben sich die Anforderungen an das Aggregat (Gasmotor und Generator) und der Betriebsweise der Anlage. Wurden die BHKW-Anlagen bisher auf maximalen Wirkungsgrad und maximale Leistung bei cosφ=1.0 ausgelegt, so kommen nach der Mittelspannungsrichtlinie weitere Anforderungen hinzu, wie z. B. vergrößerter Spannungs- und Frequenzbereich, Leistungsreduktion über der Frequenz, externe Leistungsvorgabe, variabler cosφ und die dynamische Netzstützung. Bei der dynamischen Netzstützung muss die BHKW-Anlage bei einem Spannungseinbruch oberhalb der Kennlinie am Netz bleiben und muss die nachfolgende Spannungs- Kennlinie beim FRT-Fall (Fault Ride Through) durchfahren können.
Die BHKW-Anlage darf sich erst vom Netz trennen, wenn die Spannung am Netzanschlusspunkt unterhalb der Grenzkurve liegt. So kann z.B. eine Trennung bei einem Spannungseinbruch unter 30% sofort und bei einem Einbruch unter 70% nach 150 msec erfolgen.
Frühzeitige Tests sichern höchste Effizienz
Speziell die dynamische Netzstützung stellt technisch hohe Anforderungen an die Aggregate. Diese müssen für den FRT-Fall ausgelegt werden und sind über ein Zertifizierungsinstitut nachzuweisen. Für die Neuausrichtung der BHKW-Anlagen hat MWM bereits im Jahr 2010 erste Tests durchgeführt, um Erfahrungen über das FRT-Verhalten zu sammeln.
Die Tests wurden am realen Stromnetz durchgeführt. Mittels eines Testcontainers wurde die Spannung des Netzes auf den entsprechenden Wert abgesenkt und das Verhalten des Aggregates gemessen.
Wie die Messung und auch die Simulation zeigen, stützt das Aggregat bei einer Spannungsabsenkung auf 30% für 150 msec am Netzanschlusspunkt die Spannung auf ca. 55% der Nennspannung. Dabei beträgt die Generatorspannung ca. 67% des Nennwertes (Bild2). Der Generatorstrom steigt dabei bis auf 4,7xIn (Nennstrom) an (Bild3). Die Drehzahlschwankungen und den Polradwinkel zeigen Bild 4 und Bild 5.
Anhand der Messungen und der Simulationen wurden die MWM-Baureihen rechtzeitig überprüft und die Auslegung modifiziert. Somit erfüllen MWM-Aggregate ab 2013 die neue Mittelspannungsrichtlinie und leisten ihren Beitrag zur Netzstabilität. Auch die geforderte Blindleistung wird bereitgestellt.
Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses war die Zertifizierungsvorschrift noch offen. Die MWM-Aggregate werden mittelfristig nach der TR8 zertifiziert, so dass die Zertifikate rechtzeitig bis zum 01.01.2014 zur Verfügung stehen.
Neben der in Deutschland gültigen Mittelspannungsrichtlinie gibt es in anderen Ländern, innerhalb und auch außerhalb der EU, länderspezifische Vorschriften, welche die Randbedingungen für den Parallelbetrieb am Netz vorgeben. Immer mehr Länder überarbeiten diese Vorschriften unter dem Gesichtspunkt der dezentralen Versorgung mit erneuerbarer Energie.
In Europa wurden vom Verband der Europäischen Übertragungsnetzbetreiber ENTSO-E entsprechende Vorschriften erarbeitet (European Network of Transmission System Operators for Electricity). In der Vorschrift „Requirements for Grid Connection Applicable to all Generators“ sind die Rahmenbedingungen für die länderspezifischen Richtlinien / Vorschriften festgelegt. Nach deren Verabschiedung ist diese Vorschrift in den länderspezifischen Richtlinien zu berücksichtigen.
Weil die Vorschriften zur Zeit in vielen Ländern überarbeitet bzw. neu erstellt werden, wird es vermutlich notwendig sein, im Einzelfall, einen Sondernachweis zur Erfüllung der Sonderbedingungen zu erbringen.